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Gärten der Unlust
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In der Ethnologie gibt es den Topos des fremden Blicks - eine Sichtweise, die den Forscher befähigt, das Fremde im Vertrauten, in der eigenen Kultur zu erkennen. RO Willaschek hat exakt diesen Blick, wenn er mit Sprache umgeht. Man nehme nur einen Gedichtanfang wie "Unaufhaltsames Vergreisen / des Mobiliars": Kein einzelnes Wort weist hier irgendeine Besonderheit auf, und dennoch werden wir beim Lesen gezwungen, jedes Wort genau zu betrachten. Weil es Willaschek gelingt, die Wörter so umzufärben, dass sie uns mit dem fremden Blick anschauen, und wir konsterniert feststellen, dass sie offensichtlich viel mehr von uns wissen als wir von ihnen.
Lebensabgestumpft, wie wir sind, ist uns der Kinderblick, dem alles neu und alles fremd ist, verloren gegangen. Ein gemaltes Pferd z. B. sehen wir gar nicht mehr als Pferd, sondern nur noch als Begriff. Es sei denn, man zeigt uns plötzlich ein blaues Pferd. Erst dann wachen wir auf, erst dann rufen wir uns in Erinnerung, was ein Pferd über den Begriff hinaus noch ist. Willaschek hat sich diesen Kinderblick erhalten können. Was in Bezug auf Sprache vielleicht nur dann derartig meisterhaft gelingen kann, wenn man als Künstler ursprünglich aus einer ganz anderen Disziplin kommt.
Beim Lesen der Gedichte wurde ich immer wieder an Julia Kristeva erinnert. Die aus Bulgarien stammende Philosophin und Schriftstellerin hat ein Werk mit dem Titel "Fremde sind wir uns selbst" veröffentlicht, und dort ist die Formulierung "das Unversöhnbare in uns selbst" zu finden ist. Genau dieses Unversöhnbare und die Trauer, manchmal auch Wut über dessen Existenz, atmen fast alle der in diesem Band versammelten Werke.
Und weil die sogenannte Realität im Wesentlichen ein Konstrukt aus Sprache ist, kommt niemand aus den Gedichten von RO Willaschek so wieder heraus, wie er hineingegangen ist.
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