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Gerechtigkeit für Humanitätsverbrechen?
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Deutschland stand im 20. Jahrhundert zweimal vor der Herausforderung, von Staates wegen verübte Verbrechen mit im Tatzeitpunkt geltenden Vorschriften des nationalen Strafrechts ahnden zu müssen. Wie schon in den NS-Gewaltverbrecherprozessen erhoben die Täter in den Strafverfahren zu den Tötungen an der DDR-Grenze den Einwand, was gestern Recht gewesen sei, könne heute nicht Unrecht sein. Damit warfen sie eine Grundsatzfrage an der Grenze von Recht und Moral auf, die eng mit dem Verbot rückwirkender Bestrafung verknüpft ist. Der Strafrechtler und Rechtsphilosoph Gustav Radbruch hat sie 1946 in einem Text zu beantworten versucht, dessen zentrale Stelle in der Verbindung von Verleugnungs- und Unerträglichkeitsthese besteht. Im Anschluss an diese sogenannte Radbruchsche Formel analysiert Hans Vest einerseits die Grenzen des Rechtsbegriffes und legt fest, unter welchen Voraussetzungen Unrechtserlasse die Rechtsnatur nicht erlangen. Bestimmte Erlasse können anhand von Kriterien wie Nichtöffentlichkeit und Verschleierung der wahren Regelungsmaterie nämlich als Nicht-Recht definiert werden . Andererseits entwickelt der Autor diejenigen völkerrechtlichen Voraussetzungen, die es erlauben, unerträglich ungerechten Gesetzen die Rechtsgeltung abzusprechen. Die Untersuchung versteht sich als Versuch angewandter Methodenlehre, der üblicherweise strikt unterschiedene dogmatische, rechtstheoretische und rechtsphilosophische Argumente zu einer Gesamtsicht integriert. Dabei zeigt sich, dass die reformulierte Radbruchsche Formel deutlich leistungsstärker ist als gemeinhin angenommen wird.
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