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Matisse und Picasso als Kulturreisende
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Primitivismus als Anthropologie" bricht mit der herrschenden Meinung, die Aneignungen vermeintlich primitiver Objekte in de Kunst der klassischen Moderne in Frankreich habe im Bann ihrer furchterregenden Andersheit und besonderen Primitivität stattgefunden. Vielmehr läßt sich zeigen, daß in Frankreich um 1900 eine visuelle Praxis des kulturellen Vergleichens gang und gäbe war, die mittelalterliche Kunst, japanische, ägyptische, archaisch-antike, sumerische, iberische, afrikanische, ozeanische und viele andere Kulturen auf eine Stufe stellt und gerade nach den Gemeinsamkeiten fragt. Den beiden Protagonisten der klassischen Moderne, Henri Matisse und Pablo Picasso ging es weniger um die "primitive" Vorlage - deren dokumentarisch eindeutige Bestimmung die Forschung lange dominierte - als um die Arbeit an "Konstanten menschlicher Kultur", also um eine Anthropologie im übertragenen Sinne. Die Autorin verfolgt ihre These anhand von Quellenmaterial aus der zeitgenössischen Kunstkritik, das sie mit dem hier erstmals veröffentlichten "Manifest des Primitivismus" von 1909 in Beziehung setzt und beides vor dem Hintergrund damaliger Anthropologie wissenschaftshistorisch als Habitus des Vergleichens absichert. Ausführliche Analysen der Werke von Matisse und Picasso verdeutlichen in Verbindung mit der räumlichen Rekonstruktion von Museen und Ausstellungsräumen, daß beide Künstler an bisher unbeachteten Objekten im Wortsinne nicht vorbei kamen. Popularisierte ethnologisch-wissenschaftliche Fotodokumente von Menschen fremder Kulturen dringen als Postkarte und öffentlich verkaufte Fotoabzüge in die französische Kultur vor 1900 ein und bestimmen die Seherfahrungen von Matisse und Picasso. Indem Bärbel Küster diese Quellen einbezieht, öffnet sie eine Diskussion darüber, ob die moderne Kunst aus dem Geist anthropologischer Fotos entsprungen ist.
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