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Nach dem Animismus

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Animismus' war zunächst eine Bezeichnung für Praktiken und Ontologien, die sich dadurch auszeichnen, daß sie die Natur und die Objekte nicht objektivieren, sondern subjektivieren, das heißt wie Subjekte wahrnehmen und behandeln. Nach Edward B. Tylor, auf dessen 'Primitive Culture' (1871) der Begriff zurückgeht, sind 'Animisten' nicht imstande, 'richtig' zwischen belebter und unbelebter Materie zu unterscheiden, sie glauben an eine 'allgemeine Belebung der Natur', an die 'Beseelung' der Objektwelt. Animisten, das sind für Tylor, von 'Überlebseln' (wie den zeitgenössischen Spiritisten) abgesehen, die Anderen, die Vormodernen und die Primitiven, für Freud und Piaget dann später noch die Neurotiker und die Kinder. Unschwer ist zu erkennen, wie der Animismus (vergleichbar dem Fetischismus und dem Totemismus) zur Kontrastfolie für ein bestimmtes Selbstverständnis der Moderne, ihres Fortschritts, ihrer Rationalität und ihres Materialismus wird, damit zugleich kolonialistische Überlegenheitsvorstellungen Legitimität verschafft. 'Nach dem Animismus' bezieht sich nicht auf ein Revival des Konzeptes, sondern auf seine notwendige Revision. Das zeigen die ethnologischen Beiträge, u.a. ein hier erstmals veröffentlichter Text des in Deutschland noch kaum bekannten brasilianischen Ethnologen Eduardo Viveiros de Castro, der die 'Vorstellung von einer Welt, die eine Vielzahl von subjektiven Positionen umfasst', entwirft. Mit 'Animismus' ist jetzt eine 'relationale Epistemologie' bzw. 'Ontologie' gemeint. Sie provoziert die Differenz von Natur und Kultur, indem sie nicht-menschliche Akteure (Tieren, Pflanzen, Dingen) zuläßt, ihnen Handlungsmacht verleiht. Inwiefern dann auch die Natur, wie in der Verfassung von Ecuador, zum Rechtssubjekt werden muß, diskutiert der Beitrag von Paulo Tavares. Zugleich geht es um den Animismus nicht nur außerhalb sondern innerhalb der westlichen Moderne, um das 'animistische Imaginäre' (Gabriele Schwab) oder das 'animistische Unbewußte', 'das die Moderne zugleich konstituiert und heimsucht' (Harry Garuba). Bruno Latour wundert sich denn auch weniger über den Animismus, als darüber, wie die Modernen die Materie erst für tot erklären, sich als 'Inaministen' deklarieren, um dann 'die Fakten' für sich selbst sprechen zu lassen (als könnten Dinge sprechen): 'Wenn Animismus bedeutet, daß die Dinge über ein bestimmtes Handlungsvermögen verfügen, dann hat die Moderne die Menge solcher Vermögen in der Welt in außerordentlichem Maße vermehrt. Aber den Animismus haben wir gleichzeitig zum Schweigen gebracht.' Die Beiträge des Bandes benutzen in diesem Sinn das Animismus-Konzept als ein analytisches Werkzeug einer Rückwendung des ethnographischen Blicks auf die Welt, die den 'Animismus' hervorgebracht hat, auf ihre Wissenschaft, ihre Wirtschaftsform, ihre Kunst, ihre Techniken der Animation und ihre Philosophien. Der Band versammelt wissenschaftliche und künstlerische Beiträge aus dem Kontext der Konferenz und Ausstellung 'Animismus' im Haus der Kulturen der Welt (16. März bis 6. Mai 2012). Beiträge von: Agentur, Artefakte // anti-humboldt, Cornelius Borck, Alejandro Haber, Tom Holert, Harry Garuba, Avery Gordon, Maurizio Lazzarato und Angela Melitopoulos, Esther Leslie, Chris Marker, Spyros Papapetros, Elisabeth von Samsonow, Erhard Schüttpelz, Gabriele M. Schwab, Walter Seitter, Michael Taussig, Paulo Tavares, Eduardo Viveiros de Castro, Rane Willerslev
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