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Allgemeine Rechtsgrundsätze
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Mit der Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl im Jahre 1951 und den Brüsseler Verträgen 1958 wurde eine neue Rechtsordnung - das europäische Gemeinschaftsrecht - geschaffen. Die Gemeinschaftsrechtsordnung stellte den Rechtsanwender jedoch schon früh vor Schwierigkeiten: Die Gemeinschaftsverträge enthielten vielfach nur einzelne fragmentarische Regelungen, für neue Fragestellungen fehlte es an einem hinreichend dichten Regelungswerk. In der Rechtspraxis des Europäischen Gerichtshofes wuchs rasch die Einsicht, daß das primäre und sekundäre Gemeinschaftsrecht kein sich selbst genügendes normatives System bildeten. Erstmals im Jahre 1957, als er über die vertraglich nicht geregelten Voraussetzungen des Widerrufs von Verwaltungsakten zu entscheiden hatte, berief der EuGH im Algera-Urteil die - für den Bereich der außervertraglichen Haftung in Art. 215 Abs. 2 EGV positiv geregelten - allgemeinen Rechtsgrundsätze als normative Entscheidungsgrundlage.
Die rechtsfortbildende Verwendung allgemeiner Rechtsgrundsätze durch den Europäischen Gerichtshof und die Dynamik des Gemeinschaftsrechts in den letzten Jahrzehnten hat zudem eine neue Fragestellung eröffnet, die an die gesamteuropäische Tradition des ius commune anknüpft. Es ist dies die Diskussion um ein "Europäisches Privatrecht", ein "Jus Commune Europae". Sie war Anlaß, dem Wirkungsspektrum allgemeiner Rechtsgrundsätze in seiner begriffshistorischen Ausprägung in der europäischen Privatrechtsgeschichte und dem Völkerrecht des 19. und 20. Jahrhunderts nachzugehen. Dabei ist das Anliegen der Arbeit nicht eine Theorie der "Erkenntnis" oder der "Natur" allgemeiner Rechtsgrundsätze und ihres Geltungsgrundes. Denn wie sich die Begründungsmuster für das, was "Recht" ist, geändert haben, unterliegen auch die allgmeinen Rechtsgrundsätze einem Paradigmenwechsel, können Definitions- und Erkenntnisversuche nur eine Momentaufnahme eines juristischen Zeitabschnitts sein.
Es zeigt sich indes, daß es dennoch gerechtfertigt erscheint, von einem Kontinuitätszusammenhang des Wirkungsspektrums allgemeiner Rechtsgrundsätze insofern zu sprechen, als diese stets dann systembildend als Träger einer allgemeinen Rechtsaussage wirken, wenn ein Rechtskreis noch nicht gefestigt ist, sei es systematisch, sachlich oder räumlich.
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