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Auf unsres Lebens halbem Wege
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Nordböhmen, 50er Jahre. Krieg und deutsche Besatzung sind vorbei, nicht aber die Gewalt an Mensch und Kultur. Mit dem stalinistischen Umsturz vom Februar 1948 nimmt das »realsozialistische« Experiment seinen Lauf: O-Busse zischen stolz aus Litvínov, der aus dem Boden gestampften »Stadt der Zukunft«, zu den »Stalinwerken«, Kombinat für Petrochemie. Die jungen Helden der Arbeit ziehen aus ihrer ersten Wohnstatt - ehemaligen KZ-Baracken - in das Koldum, ein futuristisches Hochhaus, während die Schaufelradbagger des Braunkohletagebaus die alte Stadt Most verschlingen, die Landschaft zernagen, »wo auf hundert Jahre kein Gras mehr wächst«. Aus der Verwüstung ragen Splitter der alten, als »überwunden« verschrienen abendländisch-bürgerlichen Kultur Europas.
Nachts, im zugigen Neubau, schreibt der Erzähler in desolater Gestimmtheit an seinen ungeborenen Sohn. Gleich Dante verortet er sich Auf unsres Lebens halbem Wege - ins Inferno. Experimentell, poetisch und melancholisch erzählt er nicht die eine Geschichte, sondern viele. Die vom Verlust seiner Hoffnungen auf Aufbruch und Freiheit. Vom Ende seiner großen Liebe. Unterdessen wacht ein Ex-Polizist über den Vorgarten und das Treiben seiner Nachbarn, die sich um eine ergatterte Waschmaschine prügeln. Derweil die Bergbaustudenten beim Tanzen keck Krawatten mit Moskauer Monumentalbauten ausführen.
Wie Emil JuliS mit den Gedichten aus ZONE / ZÓNA (Arco, 2020) vermittelt Jedlicka die apokalyptische Dimension der ökologischen und menschlichen Katastrophe. Strenge Gattungslinien sprengt sein radikaler Text, entstanden 1954-1957, ebenso wie die Zwänge der totalitären Ideologie - hierin Jiri Kolars Die Leber des Prometheus (Arco, 2022) verwandt. Eine avantgardistische Textcollage, Zeitdokument und Reflexion, zwischen Realismus und Traum, Depression und sardonischem Gelächter, durchsetzt mit derber Umgangssprache wie mit Bezügen zur Weltliteratur - von Dante, über Karel Hynek Mácha bis Lautréamont. 1969 legte Suhrkamp Jedlickas subversives Werk vor - nach der von der Zensur gekürzten Erstausgabe von 1966. Kathrin Janka hat es nach dem unzensierten Original neu übersetzt.
Noch nicht erschienen. Termin unbekannt