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Der kontraintuitive König
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Die babylonisch-assyrische 'Beschwörungskunst' oder 'Magie' kannte eine Vielfalt von Heilvorschriften und Zeremonien, darunter zahlreiche defensive Rituale zur Lösung von Übel und zur Reinigung des Patienten. Diese Abwehrrituale richteten sich etwa gegen Dämonen, Götterzorn, Behexung, Feinde, den Fluch als Folge eines Tabubruchs, Geister oder böse Vorzeichen.
Auch das traditionsreiche und für den König in besonders feierlicher Form durchgeführte Badehaus-Ritual hatte die Funktion, Übel abzuwehren. Entgegen üblicher Annahme stellt es aber nicht einfach ein unspezifisches Reinigungsritual dar, das durchzuführen war, wenn böse Vorzeichen eine Gefährdung des Königs anzeigten. Vielmehr besitzt das Badehaus-Ritual einen besonderen thematischen Fokus: den verhassten, verunglimpften, von Schadenzauber und Feinden bedrohten König, der selbst Schuld auf sich geladen hat. Das Ritual zeigt damit ein Bild des Herrschers, das dem von Monumentalarchitektur und Königsinschriften geprägten Erwartungshorizont der mesopotamischen Königsideologie nicht entsprach: den kontraintuitiven König. Im rituellen Kontext kann die Defizienz der königlichen Person thematisiert und überwunden werden. So dient das Badehaus-Ritual nicht zuletzt der Stabilisierung der königlichen Herrschaft.
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