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"Der Osten braucht dich!"

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Bereits vor der nationalsozialistischen Machtübernahme 1933 boten Kampagnen zum »Schutz des Deutschtums« im ländlichen Osten Deutschlands jungen Frauen ein Betätigungsfeld als sogenannte Grenzlandaktivistinnen, die ein Bollwerk gegen slawische und jüdische Fremde aufbauen sollten. Nach dem Überfall auf Polen im September 1939 wurden deutsche Mädchen und Frauen aus dem »Altreich« für soziale und erzieherische Aufgaben für den »deutschen Osten« rekrutiert und mitunter zu solchen Einsätzen genötigt. BDM-Führerinnen, Teilnehmerinnen am Arbeitsdienst für die weibliche Jugend oder Studentinnen im Ferieneinsatz sollten ihren spezifisch weiblichen Beitrag zum rassenpolitischen Umbau der besetzten Gebiete leisten, vor allem durch Kontrolle und Indoktrination der »volksdeutschen« Umsiedler im Sinne der nationalsozialistischen Volkstumspolitik. Als vermeintlich naturgemäße Hüterinnen von deutscher Ordnung, Hygiene und Tradition war es ihre Aufgabe, Kindergärten und Schulen für deutsche Kinder einzurichten, als »Ansiedlungsbetreuerinnen« volks deutsche Familien in Haushaltsführung und Kinderpflege zu unterweisen und Dorffeste oder Versammlungen zu organisieren, um so einen »volksdeutschen Gemeinschaftsgeist « zu wecken. Elizabeth Harvey rekonstruiert die Rolle von Frauen und Mädchen im Besatzungsalltag und in der deutschen Expansionspolitik und lotet deren Motive und Handlungsspielräume aus. Dazu wertet sie Arbeitsberichte und NS-Veröffentlichungen ebenso aus wie Briefe und Tagebücher und ihre eigenen Interviews mit Frauen, die im besetzten Polen tätig waren. Aus Überzeugung, Karrierebestrebungen, Geltungsbedürfnis, Abenteuerlust, Neugier oder einfach nur, weil sie der Enge der Familie entkommen wollten, beteiligten sich diese Frauen an einer Politik, die die Deutschen als »zukünftige Herren im Osten« sah. Zu ihren »weiblichen« und vermeintlich unpolitischen Tätigkeiten zählte auch die Herrichtung von Häusern für »Volksdeutsche« unmittelbar nach der Vertreibung der polnischen Bewohner durch die SS, die Disziplinierung von »Eingedeutschten«, die hartnäckig weiter mit den polnischen Nachbarn freundschaftliche Beziehungen pflegten, oder das Requirieren von Hausrat aus geraubten jüdischen Beständen für deutsche Umsiedler. Insbesondere die von Harvey geführten Interviews machen deutlich, wie unterschiedlich das Engagement von Frauen im Rahmen der mit Versklavung und Vernichtung einhergehenden Mission der rassenpolitischen »Neuordnung« Osteuropas sein konnte. Diese Gespräche geben aber auch Aufschluss darüber, wie die beteiligten Frauen sich heute an ihre damalige Tätigkeit, an ihre Beweggründe und Wahrnehmung erinnern.
Libri-Titel folgt in ca. 2 Arbeitstagen

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