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Deutsche Mythologie
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Nichts war dem Germanen so heilig, als der unerschütterliche Bestand seines Rechts und seiner Sitte, die das alltägliche Leben der Gemeinde regelte und sicherte. Das Christentum war zunächst willig, ohne gewaltsame Umwälzungen bei den Germanen aufgenommen zu werden. Mit dem offenen Sinn, der die Deutschen stets im Verkehr mit den Fremden ausgezeichnet hat, sind sie den römischen Priestern und Bischöfen entgegengetreten. Glaubensfreiheit herrschte in allen germanischen Ländern, der germanische Staat kannte den Glaubenszwang nicht. Erst als die Satzungen und die öffentlichen Einrichtungen des Volkes in Gefahr kamen, hat der Germane den Kampf aufgenommen und hat nur der Übermacht nachgegeben. Die Missionare der Kirche waren jedoch so einsichtig, in den germanischen Ländern vorerst möglichst schonend vorzugehen, auf die heidnischen Traditionen Rücksicht zu nehmen, wo sie nicht schroff gegen die Ordnung der Kirche verstießen, wenn nur die Täuflinge im Namen Gottes ins Wasser getaucht wurden, dem Heiland Treue gelobten, das Bekenntnis und Gebet des Priesters nachzusprechen lernten. So kam es, dass in den ersten christlichen Jahrhunderten Heidnisches und Christliches bunt gemischt in den Gemütern zusammenschmolz, dass erst die einheimische Gesetzgebung des Reiches und der einzelnen Landschaften, indem sie auf die alten Bräuche empfindliche Strafen setzte, das Anstößige wegfegte. Dadurch wird der alte deutsche Baum bis ins Mark verwüstet und stirbt ab. Heidnisches Geröll liegt heute kaum noch auf germanischem Boden. Der Strom der Völkerwanderung hat es weithin über den Erdteil getragen. Uralte religiöse Vorstellungen und Namen hat der Germane gemein mit den ihm verwandten Völkern in Asien und Europa. Er hat sie, soweit nicht wenigstens gleiche Namen gleiche Begriffe verbürgen, zweifellos aus der Urheimat mitgebracht. Die Erfahrungen des Volkes in der Geschichte, auf den Wanderungen in der grauesten Vorzeit, in den Ereignissen, die über das sesshafte Geschlecht dahingegangen sind, haben gleichfalls ihren Niederschlag in der Mythologie gefunden. Die Religion verändert sich mit der Kultur. Solange die Massen in Bewegung waren, solange Jahr um Jahr die Sternbilder am nächtlichen Himmel wechselten, hatten die Nomadenhorden auch andere Wünsche an ihre Götter, als dass die Familie im alt ererbten Gehöft eine sichere Wohnstätte besaß und die Gemeinsamkeit der Interessen die einzelnen zur Gemeinde vereinigt hatte. Aus dieser letzteren Periode mag es wohl stammen, dass die göttlichen Wesen so eng und innig mit dem öffentlichen Leben der Germanen verknüpft sind. Wir müssen weit in der Geschichte rückwärts gehen, bis wir eine Ausbeute an Denksteinen erzielen, die das volle Gepräge des Heidentums bieten. Das Nibelungenlied und die verwandten Gedichte der deutschen Heldensage sind die letzten Zeugen für den Ausgang deutschen Altertums.
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