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Die Nacht im Bioskop
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Unterm Eis eines großen Flusses, der durch eine sehr alte Stadt in der Mitte der Welt fließt, trieb eine junge tote Frau. Verschiedene Stämme siedelten seit jeher an den Ufern des Stroms, und viele hundert Jahre, bevor die junge Frau sich scheinbar sanft im eisigen Wasser bewegte, als wäre noch ein winziger Rest Leben in ihr, im eiskalten Januar 1942, nannten die Einwohner, egal zu welchem Stamm sie gehörten, ihre Stadt nur bei ihrem serbischen Namen Novi Sad. Nur die Deutschen nannten sie Neusatz. Und es war Krieg, und Schnee und Eis legten sich über die Vojvodina und die Batschka und Novi Sad, und ein Soldat, der mit geneigtem Kopf die fernen Signalpfiffe der Lokomotiven, die aus der Stadt und über den Strom zu ihm drangen und ihn an langgezogene Schreie erinnerten, wusste, dass dieser Krieg und mit ihm die Kälte und Furcht und das Sterben vielleicht noch Jahre dauern würde.
Clemens Meyer schreibt mit großem Einfühlungsvermögen von einer Zeit, als alle Uhren der Menschheit stehen zu bleiben drohten, so groß war die Not und die Infamie des Krieges und das Morden. Aber er schreibt auch von Hoffnungen und der leisen Menschlichkeit und von den Träumen, die in den kurzen Momenten, die Menschen im Kino verbrachten, in den Bioskopen, wie man sie damals nannte, aufschienen: das Leben in einer anderen Zeit.
Den Text begleiten historische, atmosphärisch gefärbte Bilder aus dem Fundus der Geschichte, und sie geben dem Erzählten einen zusätzlichen Klang.
Ein ganz neuer, anderer Clemens Meyer, der uns als Erzähler ein bitteres, aber auch ganz wunderbares Buch der Hoffnung schenkt.
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