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Diese Fremden
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Diese Fremden sind ganz gewöhnliche Menschen: Sie haben Familie und Nachbarn, führen oberflächliche Gespräche über das Wetter oder ihre Kinder, wohnen in Einzelfamilienhäusern, wie man sie aus amerikanischen Fernsehserien kennt. Francis unterhält sich mit seiner Frau und zieht Bilanz über ihre Ehe, Joe klärt die Schulprobleme seines Sohnes mit seinen Mitschülern und seinem Lehrer, Ragna organisiert eine Party für die Arbeitskollegen ihres Onkels, Sadie besucht ihre Nachbarin Theresa, die ehemalige Lehrerin ihres Sohnes, und bringt ihr einen Rhabarberkuchen. So gewöhnlich diese Situationen auch sind, so befremdend sind die Bedingungen, die dazu geführt haben: Francis' Frau Philomena ist schon seit drei Wochen tot, wenn sie sich wieder begegnen, Joe und sein Sohn Atoh sind beide Opfer des alltäglichen Rassismus, Ragna wohnt bei ihrem Onkel und ihrer Tante, weil ihre Mutter nicht mehr zurechnungsfähig ist, Sadie fürchtet und erhofft sich zugleich den Besuch ihres Sohnes Lawrence, den sie und ihr Mann seit zwei Jahren nicht mehr gesehen haben.
In ihrem Buch Diese Fremden erzählt die junge kanadische Schriftstellerin Esi Edugyan Geschichten, deren tragische Dimension sich im Laufe der Erzählung allmählich entfaltet. Details, wie nebenbei erwähnt und vom Leser zunächst nicht weiter beachtet, erweisen sich als Indizien eines Schicksals, das diese Menschen schwer getroffen hat und ihr Leben kennzeichnet. In der Tradition der nordamerikanischen 'Storytellers', die mit sparsamen literarischen Mitteln spannende Geschichten zu erzählen wissen, entwirft Esi Edugyan, psychologisch fein beobachtete und realistische Porträts. Den Leser gewinnt sie nicht zuletzt dadurch, dass sie nie selber Schlüsse zieht, sondern nur sachlich und neutral erzählt und es diesem überlässt, die Zusammenhänge herzustellen.
'Als junge schwarze Schriftstellerin', schreibt Esi Edugyan, 'ist es Teil der Herausforderung, dem Druck zu widerstehen, die Erwartungshaltung zu bedienen, Widerstand zu leisten gegen eine Schreibweise, bei der das menschliche Leben als eine ausschließlich auf Hautunterschiede begründete Konfrontation verstanden wird. Ebenso wie ich es ungerecht finde, ein Menschenleben nur nach der Hautfarbe zu beurteilen, halte ich es für einen Irrtum, das Konfliktpotential einer Literatur auf diesen - wenn auch wesentlichen - Aspekt zu begrenzen'.
Esi Edugyan, geb. 1977 in Calgary/Kanada, Solitude-Stipendiatin 2006/2007, ist Dozentin für literarisches Schreiben an der Universität von Victoria. Mit ihrem ersten Roman The Second Life of Samuel Tyne, von der Kritik in Kanada und in den USA einstimmig gelobt, wurde Esi Edugyan als eine der meist versprechenden jungen Autorinnen der nordamerikanischen Literatur gefeiert.
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