- Start
- Disziplingenese im 20. Jahrhundert
Disziplingenese im 20. Jahrhundert
Angebote / Angebote:
Die Disziplingenese der Biologie und die weitere Auffächerung der Biowissenschaften liefern ein besonders spannendes Kapitel der Geschichte der Naturforschung. Daher griff die Deutsche Gesellschaft für Geschichte und Theorie der Biologie auf ihrer Jahrestagung 2008 in Jena zum zweiten Mal das Thema "Entstehung biologischer Disziplinen", diesmal mit einem Schwerpunkt auf den Entwicklungen im 20. Jahrhundert, auf. Um 1900 war die Emanzipation der Biologie als Wissenschaft mit ihren wichtigsten Teildisziplinen längst vollzogen. Botanische und zoologische Lehrstühle und dann Institute hatten sich im Verlaufe des 19. Jahrhunderts an den Universitäten außerhalb der Medizinischen Fakultäten fest etabliert. Die zunehmende Institutionalisierung und Professionalisierung sorgte für eine wachsende Zahl von Experten, die sich nun wiederum auf verschiedenen Forschungsfeldern weiter spezialisierten. Durch die Herausgabe von Fachzeitschriften für die einzelnen Gebiete beschleunigte sich die Publikation wissenschaftlicher Ergebnisse. In der Gründung neuer Fachgesellschaften und der Einrichtung von Lehrstühlen für biologische Spezialgebiete zeigte sich der Prozess der Herausbildung neuer (Teil)-Disziplinen aus den sich etablierenden Forschungsfeldern. Aus der Biologie werden die Biowissenschaften, die sich zunehmend in Richtung Chemie und Medizin öffnen und neue Schwerpunkte erschließen bzw. Themenfelder besetzen, etwa im Bereich der Biotechnologie. Sie führen schließlich zu den Lebenswissenschaften oder Life Sciences, die weitere Felder aus anderen Disziplinen, etwa der Informatik oder der Psychologie, mit einbeziehen. Die Disziplinen sind im Fluss, verändern ihre Dimensionen und wachsen sich teilweise zu Megadisziplinen aus, verlieren aber manchmal auch ihren Status und ihre Eigenständigkeit.
Die Beiträge werden mit historischen Analysen zur Ethologie/Verhaltensforschung bzw. zur aus dem akademischen Lehrbetrieb verschwundenen Tierpsychologie eröffnet und durch eine kritische Betrachtung der Wissenschaftsbegriffe Instinktlehre, vergleichende Verhaltensforschung, Verhaltensbiologie und Ethologie ergänzt. Der Band behandelt sowohl Fragen der Disziplingenese der Theoretischen Biologie, der Genetik, der Ökologie und der Wissenschaftsgeschichte, aber auch Grundlagen der Biologie aus begriffsgeschichtlicher Perspektive. Evolution wird als "Forschungsfeld im Grenzbereich" charakterisiert und der Einsatz des deutsch-amerikanischen Physiologen Jacques Loeb (1859 - 1924) im Umfeld des Ersten Weltkriegs für die Etablierung einer "General Physiology" dargestellt. Die Rolle von Fachgesellschaften im Kontext der Disziplingenese wird an der Entwicklung der Deutschen Malakozoologischen Gesellschaft und der Gründung der Deutschen Gesellschaft für Parasitologie analysiert. Biologiegeschichte am Tagungsort Jena spiegeln Ausführungen zur Besetzung der auf Vorschlag von Ernst Haeckel (1834 - 1919) eingerichteten Ritter-Professur für Phylogenie und der später initiierten Haeckel-Professur für Geologie und Paläontologie sowie über den Botaniker und Rektor der Friedrich-Schiller-Universität Otto Schwarz (1900 - 1983) wider.
Libri-Titel folgt in ca. 2 Arbeitstagen