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Gedächtnis: Architektur
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Seit der griechischen und römischen Antike werden Inhalte der memoria topographisch organisiert. Im koinos topos, also im Gemeinplatz, kristallisieren sich individuelle Gedächtnisinhalte zu Gestaltungseinheiten des kulturellen Gedächtnisses, derer man sich bedienen kann, um seine Argumente, Reden und Geschichten zu organisieren. Die Topik ist in der antiken Rhetorik die Vorratskammer der Erinnerung. In der Rhetorik der Antike soll dieses Buch seinen Ausgangspunkt nehmen. Die hellenistische Kultur ist der tipping point der westlichen Kultur, der Kristallisationspunkt Europas. Die Rhetorik etabliert sich zum Leitmedium der Vermittlung und Speicherung von Kultur. Sie ist die Gebrauchsanweisung für gesellschaftliche Kommunikation. Und ihr Speichermedium ist das Gedächtnis.Mit der Etablierung des Christentums und dem Fall Roms gehen diese Anleitungstexte für die Kultur verloren. Während dieser Konsolidierungsphase Europas werden kulturelle Regeln nicht mehr an die folgenden Generationen weitergegeben. Mit dem aufkommenden Mönchtum und der damit verbundenen Vergeistigung steigt jedoch auch der Wissensdurst. Die Menge an Wissen muss an Artefaktspeicher gebunden werden. Dadurch beginnt die Produktion von dem, was im Allgemeinen als Kulturgut verstanden wird: Bücher, Architekturen, Bilder, Skulpturen. Die Anleitungstexte der antiken Kultur werden erst durch die italienische Renaissance wieder entdeckt. In der Renaissance beginnt die Kultur sich selbst zu repräsentieren, sie wird theatralisch. Die Formen der kulturellen Erinnerungsorte werden vielfältig. Sie bilden Schnittstellen zwischen der virtuellen und der realen Welt. Kirchen, Theater, Gärten, Ruinen, ganze Landschaften und Städte werden zu Mnemotektur - bis die Orte wieder verschwinden und Gedächtnisinhalte sich nur noch über Beziehungen konkretisieren.
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