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Hamlet
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Deutsch von Frank Günther Mit einem Essay von Manfred Pfister >Hamlet< ist sicherlich der Deutschen liebstes Shakespeare-Drama. Der Zauderer, der Melancholiker, der Denker, der nicht handeln kann, hat seit Anfang des 19. Jahrhunderts zur Definition deutscher Identität herhalten müssen wie sonst vielleicht nur Doktor Faust. »Hamlet ist Deutschland!« rief Freiligrath 1844 aus und meinte damit, daß das Volk der Dichter und Denker vor lauter Selbstreflexion an den realpolitischen Aufgaben scheiterte. Nicht nur Hegel, Goethe, Heine, Nietzsche dachten so, auch das Ausland griff die Gleichung auf, um sie später zu negieren: Deutschland habe im Ersten Weltkrieg nicht wie Hamlet, sondern wie der Schlächter Macbeth ausgesehen. Faschistische Theaterleute erkannten sich in einem germanisch-untergangsseligen Hamlet wieder, nach dem Krieg tauchte der Grübler in der Diskussion um die Rolle der Intellektuellen in der Bundesrepublik auf, und als die Mauer fiel, inszenierte Heiner Müller in Ostberlin ausgerechnet >Hamlet< - für alle, die nicht wußten, wie sie sich nun verhalten sollten. Der Schauplatz ist Dänemark. Prinz Hamlet wird vom Geist seines Vaters beauftragt, Rache zu nehmen für den an ihm verübten Giftmord. Claudius, des Ermordeten Bruder, der jetzt mit Hamlets Mutter in verbotener Ehe lebt, soll der Schuldige sein. Claudius und Hamlet belauern sich gegenseitig: Der Usurpator läßt den Prinzen bespitzeln, Hamlet seinerseits verstellt sich, spielt den Wahnsinnigen und läßt schließlich als Falle für Claudius ein Theaterstück aufführen, das die Situation spiegelt. Claudius verrät sich tatsächlich, zur Blutrache kommt es allerdings so schnell nicht. Hamlets Problem ist nicht der Schuldbeweis, sondern sein innerer Konflikt, der ihn zwischen der mittelalterlichen Rachevorschrift, dem Glauben an Gottes gerechte Sühne und einem sehr modernen Gefühl für die Eigenverantwortung des Individuums tatenlos schwanken läßt. Die Konkurrenz dieser Weltbilder erschien nicht nur den Deutschen spannend, sondern entsprach so sehr dem Lebensgefühl der Zeitgenossen an der Schwelle zur Neuzeit, daß sie stundenlang z. T. stehend im Theater ausharrten, um Hamlets Monologen zu folgen.
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