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Im Gebiet des Unneutralen
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5315 Schriften hat die schweizerische Buchzensur von September 1939 bis Mai 1945 begutachtet - darunter Werke von Adolf Hitler, Winston Churchill und Stalin bis hin zu Schriften von Max Frisch, Erich Fromm und Bertolt Brecht. Konkrete Kriterien für die Zensur gab es dabei nicht. Wie ein Buch beurteilt wurde, war abhängig vom Experten, vom Thema, vom Autor und vom Zeitpunkt. Die einzige verbindliche Zensurrichtlinie mahnte lediglich ein Verbot von Äusserungen an, welche "die Behauptung der Unabhängigkeit der Schweiz gegen aussen, die Wahrung der inneren Sicherheit und die Aufrechterhaltung der Neutralität" beeinträchtigen könnten. Die Zensur stand damit im Dienst der schweizerischen Neutralitätspolitik und war Teil der Geistigen Landesverteidigung. Gegen die totalitäre Diktatur in Berlin trat man an, um die Unabhängigkeit und damit auch die Meinungsfreiheit der Schweiz zu schützen. Dieses Selbstverständnis war noch bis weit in die Nachkriegszeit bestimmend. In Wirklichkeit standen die Zensoren aber unter dem Dauerkonflikt, dem nationalsozialistischen Deutschland die Gegnerschaft zu zeigen und gleichzeitig die kulturellen Wurzeln eines grossen Teils der Schweiz nicht zu verleugnen. Deshalb zeigen die Gutachten der Buchzensur sowohl heftige Kritik an der menschenfeindlichen Politik des NS-Staates als auch Zustimmung zu Handeln und Verhalten des nördlichen Nachbarn. Die Arbeit der Zensur entpuppt sich damit als ein Ort der Auseinandersetzung der Schweiz mit der sie umgebenden Welt und ganz besonders mit Deutschland, wo erprobt, erörtert und bestimmt werden konnte, was für die damalige Schweiz sag- und denkbar war und was nicht. In welchem Ausmass diese Grenzen des Sagbaren durch die kulturelle Nähe zum nationalsozialistischen Deutschland bestimmt wurden, ist erst teilweise untersucht, der Widerstandsmythos hat dies während Jahrzehnten verhindert.
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