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Jahrbuch des Denkens

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Aus der Einleitung Tradition und Traditionsverlust bilden das Thema des vorliegenden Heftes. Im Wort >Tradition< steckt eine starke Sehnsucht nach Fortschritt und eine unbändige Hoffnung, Horizonte der Existenz zu ergründen. In der Tradition liegt der Versuch, über sich hinauszuwachsen und weite Teile des nicht entdeckten Denkens gewahr zu werden. Ein Verlust der Tradition verweist auf das Fehlen eines dialogischen Verhältnisses zu Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, das vom Verstehen der Vergangenheit, der Handhabbarkeit der Gegenwart und der Sinnhaftigkeit der Zukunft gekennzeichnet ist. In dieser Situation verweist die vorliegende Ausgabe mit ihren Beiträgen auf die existentielle Bedeutung der Tradition. Die anthropologische Verankerung dieses Begriffs macht Tradition zu einem Lebensbegriff, der von einer eminenten Vitalität geprägt ist. Der ganze Kreislauf des Kosmos und die Zukunft des Denkens bewegen sich in den Adern der Tradition. Tradition scheint die erste Errungenschaft des Menschen zu sein, ehe er seine Erfindungen in die Einbettungen seines Seins entwickelt hat. Der Mensch hat angefangen, an die Wände der Höhlen zu malen und sich durch Zeichen zu verewigen, ehe er wusste, was Kultur ist. Kultur ist eine spätere Bezeichnung für all das, was bereits entwickelt und entdeckt wurde sowie unentdeckt geblieben ist. Insofern ist Kultur ein Kind der Tradition. Kulturbewusstsein bedeutet folgerichtig Traditionsbewusstsein. Der Sinn von Tradition unterliegt heute vielen machtpolitischen Verdunkelungen. Der Fluss der Tradition lügt nicht und verkörpert Tatsachen, die das machtpolitische Kalkül verschweigt. Tradition ist in all dem zu finden, was der Mensch noch heute hervorbringt. Sie reicht bis in die Anfangsgründe der Menschheit zurück.
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