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Jakob Michael Reinhold Lenz
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Die Studie setzte sich erstmals systematisch mit der
biographischen, stofflichen und poetologischen Spannung
von Dichter und Prediger bei Lenz auseinander.
Der Anspruch des Vaters, wie er Prediger werden zu
sollen, und Lenz' Versuch, in der Folge Literatur und
Predigersein in verschiedenen Konstellationen zu vereinbaren,
schlägt sich nicht nur stofflich in seinem
Werk nieder, das von den frühen Straßburger bis zu den
späten Moskauer Jahren in den Blick kommt.
Indem die Studie Lenz' Schaffen im Zusammenhang
von Rhetorik, Literatur und Homiletik im Ausgang des
18. Jahrhunderts untersucht, zeigt sie auch jene dialektischen
Beziehungen zwischen der Sphäre der Predigt
und der Literatur auf, die entscheidend für Lenz' poetologisches
Problem sind, wie Literatur auf das Erkenntnisvermögen
wirken kann, ohne den Freiheitsspielraum
des Menschen, der seine Gottesebenbildlichkeit
erst begründet, einzuschränken.
Die »weltliche Theologie« erscheint bei Lenz in verschiedenen
Schriften, die Gegenstand der Studie sind,
im literarischen Gewand. Die »Meynungen und Stimmen
« etwa, der »Grundstein« von Lenz' poetischer
Produktion, bringen als literarische Predigt Theologisches
und Ästhetisches zusammen. Lenz' poetologische
Hauptschrift wiederum, die »Anmerkungen übers
Theater«, führt die Ästhetik auf ein theologisches Fundament
zurück: Lenz predigt den »Naturalismus«.
Die Spannung zwischen Prediger und Dichter trägt
schließlich auch zum Konflikt am Weimarer Hof bei
und kulminiert in der Erzählung »Der Landprediger«.
Wenig später markiert das Steintal einen entscheidenden
Wendepunkt in Lenz' Leben.
Theologische Fragen werden dann auch in der Moskauer
Zeit virulent: die Möglichkeit der Transformation
des Menschen durch Umkehr zu Gott, die Aufgabe und
Verantwortung des Dichters und Predigers. Lenz' letzte
umfassende literarische Schrift Ȇber Delikatesse der
Empfindung« kehrt die Vorstellung einer zuvor angestrebten,
paradoxen rhetorica contra rhetoricam um. Sie
begegnet einer entstellten Sprache mit dem Gegengift
einer noch entstellteren Sprache. Konstant bleibt über
Lenz' Werk und Biographie hinweg aber der Skrupel,
den Leser zu bekehren oder hofmeistern zu wollen.
Dichter und Prediger können zur Veränderung des Geistes
nur einladen.
Da bislang kaum ein Text von Lenz historisch-kritisch
ediert ist, greift die Studie überwiegend auf den jeweils
in Frage stehenden Materialzusammenhang selbst zurück.
Bestimmte Materialien werden im Anhang der
Studie erstmals mit Faksimile und zeichengenauer
Umschrift kritisch ediert. Neben den bisher in unzuverlässiger
Form publizierten Schriften existieren
in Lenz' Nachlass auch viele noch gar nicht edierte
Manuskripte. Diese Studie nimmt an verschiedenen
Stellen auf dieses bisher unveröffentlichte Material -
auch auf den Nachlass Oberlins - Bezug. Der Einbezug
dieser Bestände sowie die Revision der bisherigen
Lenz-Edition erweitern das Verständnis von Lenz' Biographie
und Werk in entscheidender Weise und bildet
zugleich die Grundlage für die interpretatorische Arbeit
der Studie.
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