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Jesus von Nazareth

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Dieses Werk beschäftigt sich neben den Geschichtsquellen, mit der Zeit Jesu, mit Wirkung und Stationen seines Lebens und mit seiner Geisteswelt. Alle drei Bereiche unterliegen Einschränkungen im Hinblick auf ihre historische Darstellbarkeit. Die Forschung in ihrer Gänze hat erst in jüngerer Zeit begonnen, Jesus konsequent aus seiner jüdischen Umgebung heraus zu verstehen. Von enormer Schwierigkeit ist dabei die genaue Kenntnis dessen, was in etwa zu seiner Zeit als "jüdisch" zu gelten habe. Hierzu ist das Quellenmaterial gelegentlich klar, oft aber auch durchaus begrenzt, zum Teil tendenziös, manchmal wenig stimmig und damit umstritten. Vergleichbares gilt für das Leben Jesu, das sich nicht nach Art einer modernen Biographie darstellen läßt. Alle Quellen benennen lediglich Situationen, Orte sowie die Art und Weise seines öffentlichen Wirkens, aber mit einem oft unbestimmten Grad an Glaubwürdigkeit. Ähnliches gilt letztlich auch für die geistige Welt Jesu - eine nicht selten fremde Mentalität, die, gebrochen durch spätere, aufgrund von Überlieferung oft unbestimmter Art beruhender Berichte, auf uns gekommen ist. So versucht der nachfolgende Text anhand der Quellenberichte und wichtiger Literatur teils konkret Auskunft zu geben, teils aber beschreibt er auch eine Suche, die gelegentlich das Ringen mit ihren Inhalten nicht verbirgt. Bisweilen sind die Deutungsprobleme oder Positionen zu einzelnen Fragen oder Bereichen lediglich skizziert. Das "Phänomen" Jesus mit seiner eschatologischen Weltanschauung (A. Schweitzer) stellt ungewöhnliche Herausforderungen an das Urteilsvermögen. Jesu ethischer Enthusiasmus hat etwas Unmittelbares, seine Denkweise oft etwas Provokantes und Gewaltiges (A. Schweitzer). Ganz allgemein ließe er sich als jüdisch gebundener, religiöser Freidenker ansprechen. Seine Geistigkeit und ihr Nachleben weisen ein Spannungsfeld auf zwischen einer zum Teil fremden Mentalität und überzeitlicher, weisheitlicher Schöpferkraft. Ohne Letzteres wäre die Möglichkeit eines geschichtlichen Urteils und einer Darstellung, die unserem Verständnis zugänglich ist, nur schwer möglich. Nicht immer, aber häufig beansprucht Religiöses als eine Art des Weltanschaulichen schon von seinem Selbstverständnis her, zumeist niedergelegt in heiligen Schriften, höchste, manchmal ausschließliche Verbindlichkeit. Diese dem Verstand schwer zugängliche geistige Befindlichkeit wird - auch im Christentum - oftmals in einer eigentümlichen, hoch gestimmten religiösen, bildhaften, manchmal doxologischen Sprache in den Schriften vorgetragen. Und doch wollen die einschlägigen Texte, die von Jesus handeln, erkennbar auch von seinem Leben berichten. Deswegen hat die Gestalt Jesus wiederholt und zu Recht auch das Interesse der Historiker und geschichtlich interessierten Theologen angeregt, und es wäre eher verwunderlich, wenn es kein Bemühen um den geschichtlichen Jesus geben würde. Daher ist der Historiker vor die Aufgabe gestellt, Jesus nach Menschenmaß aufzufassen und gleichzeitig seiner religiösen Beseeltheit und charismatischen Größe gerecht zu werden. So fremd uns mach eine Forderung oder Lebenshaltung Jesu anmutet, es bleibt genügend Verbindendes über die Zeiten hinweg. Dies beweisen die vielfältigen Anknüpfungen an Jesu Wirken und Lehre, die Möglichkeiten wiederholter Reformen oder revolutionärer Akte auch innerhalb der Geschichte der Glaubensgemeinschaften, die sich auf ihn oder sein überliefertes Lebensbild berufen und der Eigenwert der auch auf ihn zurückgehenden christlichen Traditionen, die über die Geistesarbeit von Jahrhunderten, namentlich etwa die ethisch-philosophischen Leistungen Immanuel Kants und anderer, auch Eingang in das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland (Art. 2, Sittengesetz) gefunden haben.
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