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Jung gefreit
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XVI.
So sehr hatte sich Herr von Welfen lange nicht im Leben geärgert, wie über diese schwere Beleidigung. Solch eine Antwort auf sein schönes Gedicht! Oh, es war, um sich die Haare einzeln auszuraufen! Gott sei Dank schien es noch niemand gelesen zu haben. Der Kellner machte ein so harmlos törichtes Gesicht, als der Major ihn ausforschte, wer wohl das Fremdenbuch zuletzt zur Hand gehabt hätte, daß er in der Tat unwissend zu sein schien. Auch der Wirt konnte keine Auskunft geben, ja er entsann sich nicht einmal, daß drei junge Herren in großen, hellen Strohhüten bei ihm eingekehrt seien! Und doch konnten allein die Herren aus Ruhla einer solchen Infamie fähig gewesen sein, davon war Herr von Welfen überzeugt. Auch die Damen schienen es anzunehmen, obwohl man sich nicht weiter darüber aussprach. Es herrschte plötzlich ein allgemeines, stillschweigendes Einvernehmen, diesen wunden Punkt unberührt zu lassen. In Eisenach legte der Major aber viel Wert darauf, die einzelnen Hotels zu besichtigen. Er erzählte den Wirten, daß ihm Thüringen ganz ausnehmend gut gefalle, so gut, daß er den nächsten Sommer in Eisenach verleben wolle. Dazu müsse er sich schon jetzt Quartier ansehen! Ob das Hotel ruhig sei, ob gute Gesellschaft darin verkehre, ob er wohl einen Blick in das Fremdenbuch werfen dürfe? Gewiß! Mit größtem Vergnügen! Welfen setzt den Kneifer auf und musterte mit scharfem Blick die Namen der zuletzt eingekehrten Fremden ¿ deren waren gar viele, aber die gesuchte Schrift fand sich nicht darunter.
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