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Kaiser Friedrich III.Tagebücher 1866-1888

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Kronprinz Friedrich Wilhelm (1831-1888) war 1888 der sog. 99-Tage-Kaiser, der am 15. Juni 1888 einem Kehlkopfkrebsleiden erlag. Er war jahrzehntelang in Wartestellung hinsichtlich der Übernahme der Kaiserkrone von seinem alten Vater Wilhelm I. Friedrich hat von früher Jugend an bis zum letzten Lebenstag Tagebuch geführt. Jeder Jahresband umfaßt 365 S. Jeder Tag eines Jahres ist mit einem kurzen oder längeren Eintrag beschrieben. Bei Krankheit oder auf Reisen bleiben die Tagebuchblätter auch leer. Im Hausarchiv der Hohenzollern, das heute im "Geheimen Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz", Berlin, lagert, sind ca. 50 Bände Tagebücher Friedrichs lückenlos überliefert. Ein bekannter Archivar in den 1920er Jahren - Heinrich Otto Meisner - hat bereits 1929 bei K.F. Koehler in Leipzig einen Teil veröffentlicht: "Kaiser Friedrich III. Tagebücher 1848-1866". Schon zuvor - 1926 - hatte Meisner "Das Kriegstagebuch von 1870/71" des Kronprinzen veröffentlicht. Meisner hatte, wie der Hrsg. seinem Nachlaß entnimmt, auch vor, die Lücke zwischen 1866 (Kriegsende) und 1888 (Tod) zu schließen, ist wegen der Umstände der Nazizeit und des Zweiten Weltkriegs nicht dazu gekommen. Beide Veröffentlichungen haben seinerzeit - in den 1920er Jahren - ungeheures öffentliches Aufsehen erregt. Die gleiche Resonanz ist heute mit dem Tagebuch von 1866 bis 1888 nicht zu erwarten, dennoch darf es als kapitaler Fund für diese über 20 Jahre der Bismarckzeit gelten. Gemeinhin herrscht heute noch, nicht nur in der Geschichtswissenschaft, sondern auch in der gebildeten Öffentlichkeit, die Meinung vor, daß mit dem frühen Tod Friedrichs III. eine Herrschergeneration übersprungen (von Wilhelm I. zu dessen Enkel Wilhelm II.) und die Hoffnung auf eine liberale und freisinnige Ära in der deutschen Geschichte begraben worden sei. Dieses Bild läßt sich aufgrund des Tagebuchs 1866/88 nicht mehr aufrechterhalten. Wohl bleibt außer Zweifel, daß Friedrich von liberalen Gesinnungen und Regierungsgrundsätzen druchdrungen war. Das jetzige Tagebuch macht aber in erschütternder Weise deutlich, daß Friedrich ein denkbar unfähiger Herscher gewesen wäre. Jegliche Durchsetzungsfährigkeit ging ihm ab. Er wäre ein Spielball seiner Umgebung gewesen: seine Frau Victoria, Tochter der englischen Königin Victoria, hatte ihn im privaten wie im politischen Bereich ganz in der Hand. Die Mitarbeiter, die sich Friedrich ausersehen hatte (A. v. Stosch, M. v. Forckenbeck, E. Lasker u.a.) kannten seine Unfähigkeit und haben sie im internen Kreis immer wieder beschrieben. Stosch, der von Friedrich als Reichskanzler ausersehen war, schrieb einmal 1883 nach einem Gespräch mit dem Kronprinzen: "Solche Öde des Geistes und solch ein Mangel an Tatkraft, sind mir lange nicht entgegengetreten, wie in diesem Herrn, und man muß Angst vor der Zukunft haben." Es war mit Sicherheit vorauszusehen, daß - vorausgesetzt, Friedrich hätte nach 1888 länger gelebt - in der deutschen Regierung Diadochenkämpfe, ein Krieg aller gegen alle entbrannt wären, also Umstände, die Deutschland regierungsunfähig gemacht hätten. Da Friedrich - wie das Tagebuch auf Schritt und Tritt zeigt - von seiner Unfähigkeit zu herrschen selbst tief durchdrungen war, wäre es beim Herrscherwechsel 1888 nicht zur Entlassung Bismarcks gekommen, der allein imstande war, Widerstände jeglicher Art niederzuhalten. Bismarck hätte es nie zugelassen, daß der neue Herrscher im Innern eine liberale Politik getrieben und in der Außenpolitik einen Schwenk weg von der Allianz der konservativen Mächte Deutschland, Rußland, Österreich-Ungarn hin zum Bündnis mit dem liberalen England bewerkstelligt hätte. Das Tagebuch erlaubt die Feststellung, daß Friedrich im Juli 1885 im jahrelangen "Glaubenskampf" mit Bismarck die Waffen streckte und dem Reichskanzler Brief und Siegel gab, er werde ihn beim Thronwechsel nicht entlassen. Von großer Bedeutung ist auch die im Tagebuch danach mehrfach wiederkehrende Feststellung, daß Viktoria diese Abmachung akzeptierte und beherzigte. Das Tagebuch Friedrichs ist also von eminenter Bedeutung nicht nur für die Armseligkeit des Herrschertalents des Autors selbst, sondern ebenso für das diktatorische Verhalten Bismarcks in den Jahrzehnten zwischen 1866 und 1888. Daneben bietet das Tagebuch ein lebendiges Zeugnis für die privatmenschlichen und häuslichen Qualitäten Friedrichs. Das Familienleben war der Kokon, in dem sich Friedrich je länger je mehr verpuppte. Von Bedeutung ist auch das Bild des Vaters Wilhelm I., wie es aus dem Tagebuch hervorgeht: Wilhelm, der das Regieren ganz an Bismarck abgegeben hatte, war in der Familie - in der engeren wie in der weiteren (z.B. gegenüber seinen Brüdern) - der Haustyrann, der jedem Familienmitglied alles vorschrieb. Auch in den Händen seines Vaters war der Sohn Friedrich wie Knetgummi, das jener beliebig formte und verformte. Schließlich ist das Tagebuch ein reichhaltiges Zeugnis für die Sozial- und für die Kunstgeschichte jener Zeit, denn Friedrich verkehrte intensiv mit den Spitzen der damaligen Kunst-, Technik- und Museumswelt. Das von Winfried Baumgart bearbeitete Tagebuch ist eine Auswahl aus den vorhandenen Originaltagebüchern. Tageseinträge, in denen lediglich knappe Mitteilungen über Besuche, Diners, Wetter, Krankheiten u.ä. gemacht werden, wurden nicht aufgenommen. Es wurden nur Einträge berücksichtigt, die von historisch-politischer Bedeutung sind. Selbst in den aufgenommen Einträgen wurden belanglose Passagen (Wetternachrichten, Listen von Personen, die Friedrich traf) nicht wörtlich übernommen, sondern in Regestform in Kursivsetzung eingefügt. Die deutsche Wissenschaft besitzt über die Bismarckzeit ein reiches Quellenmaterial. Das Tagebuch Friedrichs 1866-1888 darf als reiche Zutat zum vorhandenen Material angesehen werden.
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