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Kosmovisionen

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Zu den Schönheiten der epischen Gedichte in der Renaissance gehören erzählte kosmografische und geografische Panoramen. Man findet sie in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts in emblematischen Texten wie Microcosme von Maurice Scève, Os Lusíadas von Luís de Camões oder La Araucana von Alonso de Ercilla y Zúñiga, aber auch in weniger bekannten Gedichten von Le Fèvre de la Boderie, Jerónimo de Corte-Real, Bernardo de Balbuena oder Lope de Vega. Weit über eine schmückende Funktion als attraktive Exkurse mit magischen Kristallkugeln oder Himmelsflügen hinausgehend, bilden diese Panoramen häufig den ideologischen Kern der Texte. Denn mit ihnen und ihrer Einbettung in die heroische Erzählung beziehen die Epen Stellung zur Theorie der Wissenskonstitution und zur Rolle der Dichtung in diesem Prozess. Diese Inszenierungen reichen von der humanistischen Exaltation des Wissens, das den Menschen zur Gottgleichheit führt, über die orthodoxe Kritik an der kosmografischen curiositas bis hin zum Lobpreis des Nichtwissens, in dem Lope de Vega das Wissen aus der Diegese um den heiligen Landmann Isidro hinaus zum impliziten Autor verlagert: Die Inszenierung der Dichtung wird zur Inszenierung des Dichters. Die Epen der Renaissance erweisen sich damit als eminent autoreflexive Texte, deren Beitrag zur epistemologischen und poetologischen Debatte der Epoche neu bewertet werden muss.
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86,00 CHF