- Start
- Literaturanalyse / Buchbeschreibung: Hans Magnus Enzensberger - Der Kurze Sommer der Anarchie
Literaturanalyse / Buchbeschreibung: Hans Magnus Enzensberger - Der Kurze Sommer der Anarchie
Angebote / Angebote:
Studienarbeit aus dem Jahr 2003 im Fachbereich Germanistik - Neuere Deutsche Literatur, Note: 1, 7, Universität Karlsruhe (TH) (Institut für Literaturwissenschaft), Veranstaltung: Literatur und Film nach 1968, Sprache: Deutsch, Abstract: Die Geschichte, die im kurzen Sommer der Anarchie erzählt wird, ist die der anarchistischen Bewegung in Spanien von ihren Anfängen um 1870 bis ende 1936, die Geschichte der CNT (Confederación Nacional del Trabajo) und insbesondere die Geschichte von Buenaventura Durruti, der eine Schlüsselfigur in der anarchistischen Bewegung, sowie im spanischen Bürgerkrieg wurde.
Auffällig an diesem Roman ist zunächst, dass er sich offensichtlich gegen eine traditionelle Vorstellung von individueller Autorschaft und auch allgemein gegen die Vorstellung einer widerspruchsfreien Identität stellt, was sich am besten, an der Art, wie die Person Durruti hier vorkommt und beschrieben wird - mittels einer Collage von Interviews, Zeugenaussagen, Zeitungsausschnitten, Propagandaschriften -, zeigen lässt. Obwohl der Roman in seiner Form einer wissenschaftlichen Dokumentation zunächst sehr nahe kommt, versteht sich der kurze Sommer der Anarchie ausdrücklich nicht als solche. Das Werk verfolgt vor allem auch bestimmte politisch-ästhetische Prinzipien, die seine Form rechtfertigen, und die ein zentraler Gegenstand dieser Arbeit sind.
So wird im Roman auch auf das Zeitgeschehen in Deutschland nach der Studentenrevolte verwiesen: Die Kritik am Idealismus der Anarchisten, welcher hier als Grund für ein Scheitern der Revolution in Spanien angenommen wird, ist auch als Kritik an der Neuen Linken zu lesen.
Scheinbar paradoxerweise dient aber auch gerade der hier kritisierte Idealismus der Anarchisten gleichzeitig als das umgekehrte Spiegelbild, vor dem das Korrupte der Politik der Gegenwart aufgezeigt werden kann. Dieses scheinbare Paradoxon löst sich aber dann auf, wenn man bedenkt, dass der Idealismus, dessen Überlebensunfähigkeit in der Wirklichkeit gezeigt wird, uns hier nicht mehr real sondern als Teil eines Romans entgegentritt. In dieser ästhetischen Form ist die Frage nach seiner Tauglichkeit anders zu bewerten, da in dieser Form auf Probleme in der Gegenwart aufmerksam gemacht und somit einen kritischen Umgang mit ihnen ermöglichen kann.
Folgt in ca. 10 Arbeitstagen