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Mimikry
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Thierry Maulnier, Absolvent der École normale supérieure, ist eine der prägnanten Figuren der Jeune Droite, einer »nonkonformistischen«, rechtsradikalen Gruppe der Zwischenkriegszeit, die ihre Wurzeln in der Action française hat. In den 1930er Jahren Herausgeber einiger Zeitschriften jener Gruppe, steuert Maulnier nach dem Krieg in gemäßigtere Gefilde und wird zu einem wichtigen Editorialisten des Figaro.
Offenbar geht Maulnier einen etwas anderen Weg als sein jüngerer Gesinnungsgenosse Dominique Venner, 1968 Mitbegründer des antiliberalen Institut d'études occidentales, der noch im Mai 2013 mit seinem Freitod in Notre-Dame de Paris die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf rechtsradikale Thesen wie die »Überfremdung« lenken will.
Doch wie wirken sich die »Extreme« des 20. Jahrhunderts auf Maulnier aus? Inwieweit bleibt Maulnier seinem aristokratisch geprägten Individualismus der Zwischenkriegszeit, der sowohl Kapitalismus als auch Kommunismus ablehnt, treu und welche Veränderungen lassen sich zur Zeit des Vichy-Regimes, nach dem 2. Weltkrieg und während der Maiunruhen 1968 feststellen?
Der Band zeigt, wie Maulnier einen oberflächlichen Anpassungsprozess an die liberale Gesellschaft durchläuft, der jedoch bei genauer Betrachtung der Diskurse den Charakter rein äußerlicher Veränderungen nicht übersteigt. Angesichts der Tatsache des Beharrens auf rechtsradikalen Positionen, die er jedoch nicht mehr offensiv vertritt, erscheinen diese Anpassungen Maulniers - anders als bisher angenommen - als eine Art Mimikry, als »Vortäuschung falscher Tatsachen«.
Michael Schneider ist an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg im Bereich der Didaktik der romanischen Sprachen tätig.
Libri-Titel folgt in ca. 2 Arbeitstagen