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Nationalsozialismus und bibliothekarische Erinnerungskultur
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Der bibliothekarische Berufsstand ist sich einig: Bibliotheken repräsentieren das Gedächtnis der Menschheit. Jürgen Babendreier, bis 2007 Bibliothekar an der Bremer Universitätsbibliothek, hilft diesem Gedächtnis auf die Sprünge. In sieben ausgewählten, im Laufe der letzten zehn Jahre entstandenen Beiträgen erinnert er sich und seine KollegInnen an die selektive Ordnung, der sie ihre bibliothekarischen Diskurse nicht nur während des Nationalsozialismus, sondern auch in der rückblickenden Bewertung der eigenen braunen Zeiten nach 1945 unterwarfen.
Babendreier deutet die Bücherverbrennung als damnatio memoriae, beschreibt ausführlich die destruktive Seite der zwar geraubten, aber als Geschenk deklarierten Bücher an der Bremer Staatsbibliothek, analysiert die verantwortungslosen Diskursstrategien der verantwortlichen Direktoren der Nachkriegszeit und die Amnesiefunktion ihrer Wieder-Aufbau-Euphorie. Die in den 1990ern einsetzenden Raubgutrecherchen interpretiert er als archäologischen Erinnerungsprozess, den in der DDR geübten Antifaschismus als diskursive Umwandlung des Verlierer- in ein Siegergedächtnis. Die ideelle Grundlage seiner historisch-philologisch akzentuierten Untersuchungen bilden dabei die Schriften von Georg Leyh, des noch heute ehrfürchtig zitierten aber nicht mehr gelesenen Nestors der deutschen Bibliothekswissenschaft. Leyhs Schrift und Schreiben, so Babendreier, eröffnen als reflexive Methode und diskursives Modell verstanden, in besonderer Weise die Möglichkeit, das Gedächtnis der Menschheit jenseits aller technischen Formen und Formatierungen als kulturelle Form zu bewahren.
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