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Schicksalsjahre der Stadt Kassel
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Meine Heimatstadt Kassel in der Kriegs- und Nachkriegszeit: Es war nicht nur die schrecklichste und dramatischste Epoche in ihrer mehr als tausendjährigen Geschichte, sondern auch eine Zeitenwende, der apokalyptische Untergang der historischen und der Aufbau einer neuen, modernen Stadt.
Als Kind, Jahrgang 1935, war es mir noch vergönnt, bei Spaziergängen mit meinen Eltern und meiner Oma das liebenswerte alte Kassel kennenzulernen.ist mir vor allem im späteren Leben bewusst geworden, welche Bedeutung
Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Gewährleistung von Grundrechten nicht nur für Frieden und Freiheit, sondern auch für das allgemeine Wohlergehen der meisten Menschen haben.
Eine Wohnung in Kassel erhielten wir erst wieder im Herbst 1949. Ich ging jedoch bereits ab Herbst 1946 in eine Kasseler Schule, was nur möglich war, weil ich in der Schulwoche bei einem hilfsbereiten Onkel in Kassel-Salzmannshausen eine Schlafstelle bekommen hatte. Aufgrund dieser Umstände war ich besonders schwer von der extremen wirtschaftlichen Not der ersten Nachkriegszeit betroffen. In dieser Zeit lernte ich meine Heimatstadt als eine öde Trümmerwüste kennen, in der sich neues Leben nur sehr langsam zu regen begann.Im Laufe der fünfziger Jahre wurde aus der deprimierenden Trümmer-und Budenstadt nach zögerlichem Beginn endlich wieder eine lebendige, wohnliche Stadt. Wie alle Kasseler begleitete ich den ersehnten Wiederaufbau mit großem Interesse und auch voller Ungeduld,
begeistert über jede moderne Häuserzeile, die an den neuen Straßen der Innenstadt emporwuchs. Kritische Einwendungen gegen einzelne Baumaßnahmen hatte ich erst in späteren Jahren. Ich habe eingesehen, dass Kritik auch die Zeitumstände berücksichtigen sollte.
Ich bin der Überzeugung, dass wir Zeitzeugen die Pflicht haben, über das unbeschreiblich grausame Geschehen jener schrecklichen Zeit zu berichten, um den normalen Menschen, die damals lebten und leiden mussten, gerecht zu werden, vor allem aber als Mahnung für ein "Nie wieder!".
Die Zerstörung der Stadt in einem kaum noch vorstellbaren Ausmaß mit vielen menschlichen Opfern durch den Bombenangriff in der Nacht des 22. Oktober 1943 überlebte ich mit meinen Eltern und meinem erst ein halbes Jahr alten Bruder im Keller eines fünfstöckigen Mietshauses in der Ysenburgstraße. Obwohl das Haus durch Brandbomben nur leicht beschädigt war, flüchteten wir am folgenden Tag zu unseren Verwandten im Dorf Ostheim im Kreis Melsungen, wo wir die letzten Kriegsjahre verbrachten.
Als Kind musste ich die Auswirkungen des Überwachungs- und Spitzelsystems auf unseren Alltag fürchten lernen. Durch diese Erfahrungen mit der Nazi-Diktatur, ihren Grausamkeiten gegen Andersdenkende,
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