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Sicherheit und Risiko
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Zwei unterschiedliche Trends bestimmen die aktuelle Kriminalpolitik: Das Bedürfnis der Bevölkerung nach Sicherheit nimmt zu und findet sich wieder in Maßnahmen zu verstärkter Kontrolle und Strafverschärfung. Gleichzeitig werden immer mehr öffentliche Aufgaben privatisiert und damit dem direkten staatlichen Einfluss ent-zogen.
So sind ab 2007 in Baden-Württemberg die Bewährungs- und Gerichtshilfe in freier Trägerschaft organisiert worden. Der Verein "Neustart" aus Österreich, der zuvor in den Pilotbezirken Stuttgart und Tübingen tätig war, hat inzwischen die Verant-wortung für ganz Baden-Württemberg übernommen. Es wird abzuwarten sein, ob sich andere Bundesländer dem anschließen bzw. wie die staatlichen Dienste die-se Herausforderung annehmen und ihre Reformfähigkeit unter Beweis stellen.
Die bundesweite Reform der Führungsaufsicht wird dagegen zu einer stärkeren Kontrolle von Straftätern führen, unter Androhung erweiterter Sanktionen. So sol-len Verstöße gegen Auflagen und Weisungen mit einem Strafrahmen bis zu drei Jahren geahndet werden können.
Diese Entwicklungen haben konkrete Auswirkungen auf die Arbeit in der staatli-chen und freien Straffälligenhilfe, aber auch auf das Verhältnis zwischen Justiz und justiznaher Sozialarbeit. Bestehende Kooperationen werden in Frage gestellt und konkurrierende Aktivitäten sind zu erwarten.
Für viele Praktiker, aber auch für die Verantwortlichen in Vereinen, Organisatio-nen und in Einrichtungen der Justiz stellen sich neue Fragen: Werden durch die Privatisierung die Freiräume geschaffen, die innovative Entwicklungen erst er-möglichen? Oder gerät die Justiz durch die Auslagerung wichtiger Aufgaben in neue Abhängigkeiten? Sind die notwendigen Reformen nicht auch innerhalb der Justiz möglich? Oder kann ein freier Träger viel effektiver und qualifizierter auf ak-tuelle Entwicklungen reagieren und entsprechende Angebote für die Klienten entwickeln? Welche Antworten hat die Sozialarbeit auf die aktuellen Fragestel-lungen?
Mit diesen Fragen haben sich die 250 Teilnehmer/innen der 19. DBH-Bundestagung in Bremen vom 27. bis 30. September 2006 in Bremen beschäftigt. Die verschiedenen Blickwinkel wurden durch Referate in den Plenumsveranstal-tungen und in den Arbeitsgruppen dargestellt und diskutiert.
Von annähernd allen Referentinnen und Referenten liegen die Beiträge in die-sem Band vor. Diese wurden aufgrund der Diskussion überwiegend nochmals
überarbeitet und als Fachaufsätze konzipiert.
Die Spannbreite der nun vorliegenden Beiträge ist erheblich und macht nicht nur das Niveau der Diskussion in diesem thematischen Spannungsfeld sichtbar, son-dern auch die große Ausdifferenziertheit des gesamten Arbeits- und Berufsfeldes. Die in Deutschland gut etablierte Struktur aus staatlicher, nichtstaatlicher und eh-renamtlicher Straffälligenhilfe bildet im Idealfall ein sich ergänzendes und tragfä-higes System. Es bildet eine Basis für vielfältige und ausbaufähige Kooperationen und wird in Zukunft eher mehr denn weniger für Dynamik, Neupositionierungen und gegenseitigen Austausch sorgen.
Wie sich Trägerschaften und Aufgabenzuschnitte, Position und Status künftig zwi-schen diesen drei Säulen und eventuell noch einer vierten "gewerblichen" ver-schieben werden, ist derzeit noch gar nicht auszumachen. Es wäre zu wünschen, dass sich die Akteure in diesem ohnehin schon sehr kleinen Feld intensiver über ihre beruflichen und anderen Gemeinsamkeiten, wie z. B. ihre Abhängigkeit von Kriminal- und Sozialpolitik und von der Situation des Staatshaushalts, vergewisser-ten und verständigten. Eine "Monokultur" der sozialen Arbeit im Bereich der Hilfe für Straffällige ist nach der sog. Föderalismusreform kaum zu erwarten und es bleibt zu hoffen, dass sich der Wettbewerb unterschiedlicher Ideen und Konzepte gegen rein wirtschaftliche Vorgaben wird behaupten können. Der nachfolgende Überblick zu den zwei dutzend in diesem Band zusammen gefassten Beiträge möge Ihnen den Einstieg erleichtern:
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