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Tausend Jahre Philosophie
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Kein Zeitgenosse in jenem Jahrtausend, das wir gemeinhin als "Mittelalter" bezeichnen, hätte je gedacht, im Mittelalter zu leben! Das Mittelalter ist eine Erfindung. Besonders problematisch und einschneidend sind die Konsequenzen für die Philosophiegeschichtsschreibung. Die mittelalterliche Philosophie - oftmals gleichgesetzt mit der lateinischen Scholastik - wird sowohl von ihren antiken Wurzeln, mit denen sie sich stets verbunden fühlte, wie auch von ihren vielfältigen kulturellen und sprachlichen Traditionen abgetrennt, die die Philosophie eines vielsprachigen, multikulturellen und vielfältigen Jahrtausends auszeichnet. De facto ist das Mittelalternarrativ auf den lateinischen Kulturkreis beschränkt und begründet von dort aus eine bis heute gültige eurozentrische Lesart dessen, was Philosophie und ihre Geschichte ist, während für die übrigen großen Kultur- und Sprachkreise die Rede vom Mittelalter als historische Kategorie ohne jede Bedeutung ist - es sei denn als der Versuch, den byzantinischen, hebräischen und arabischen Kulturkreis in dasselbe westliche historiographische Narrativ einzuordnen.
Auch aus globalgeschichtlicher Perspektive ist daher zu fragen, wie man diesen historiographischen Fallstricken entkommen kann. Wie kann man die Philosophiegeschichte eines langen Jahrtausends, das sich in allen Sprach- und Kulturkreisen in Kontinuität mit den antiken Traditionen sieht und diese bis weit in das 18. Jahrhundert hineinträgt, anders erzählen? Zunächst einmal durch den konsequenten Verzicht auf die "Mittelalterkategorie"! Wie aber sieht dann die Geschichte dieses langen Jahrtausends aus? Welche neuen Perspektiven ergeben sich? Hierzu werden auch anhand von Beispielen einige Vorschläge zur Diskussion gestellt.
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