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Wenn Wörter auf Wanderschaft gehen
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In der Diskussion um Andersheit hat sich seit Anfang der 1990er Jahre unter dem Einfluss der Dekonstruktion Jacques Derridas und der Herausbildung der Postkolonialen Studien viel verändert. Während man Ende der 1980er/Anfang der 1990er Jahre davon ausging, das Fremde und das Eigene in Konzepten von Identität und Alterität fassen und einander gegenüber stellen zu können, um darauf aufbauend Brücken zueinander zu finden, stellt sich die Forschungslage seit Ende der 1990er Jahre sehr viel komplexer dar. Aufgrund der Befangenheit in den eigenen Wahrnehmungskategorien gerät das Andere zur Projektion und damit immer wieder zum Spiegelbild des Eigenen. Von daher setzt die Forschung nun bei den Konstruktionen vom Eigenen und Fremden, bei den Konstruktionen von Identität und Differenz selber an. Die entscheidenden Fragen betreffen die Konzeptualisierungsmöglichkeiten von Differenz und Identität und deren Lesbarkeit in literarischen Texten: Wie artikuliert sich Differenz als fortwährender Prozess, als différance im Sinne Derridas? Wie greifen verschiedene Identitäts- bzw. Differenzbereiche der Kultur, der Nation und des Geschlechts auf der kollektiven und personalen Ebene ineinander? Wie werden verschiedene Identitäts- und Differenzkonzepte in der Literatur verhandelt?
Diesen Fragestellungen wird in diesem Buch nachgegangen. Am Beispiel der deutschsprachigen Migrationsliteratur findet eine intensive Auseinandersetzung mit den literaturtheoretischen Diskussionen um Identität und Differenz in einem globalen interkulturellen Bezugsfeld statt. Darauf aufbauend wird mit der Analyse des Romans Das Leben ist eine Karawanserei von Emine Sevgi Özdamar ein Ansatz zur Betrachtung von transnationaler Migrations- und Minderheitenliteratur entwickelt, mit dessen Hilfe sowohl Verfahren der Konstruktion und Dekonstruktion von nationalen, kulturellen und geschlechtsspezifischen Identitätskategorien als auch die kulturhistorischen Beschreibungen, die in den literarisch verarbeiteten Erinnerungen dem Text inhärent sind, herausgearbeitet werden können. Damit wird zwischen literaturtheoretischen Ansätzen der Postkolonialen Studien und kulturhistorischen Zugängen der Erinnerungsforschung und des New Historicism eine Verbindung gesucht, um das kreative und innovative Potential zu erfassen, das diese Texte bereitstellen und das dazu anregt, über die Neugestaltung unserer nationalen und kulturellen Gemeinschaftsräume nachzudenken.
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